Fahrdynamik- Systeme

 

Unter dem Begriff “Fahrdynamik- Systeme” versteht man u. a. folgende elektronische Systeme, deren Aufgabe es ist, das Fahrverhalten des Fahrzeugs zu stabilisieren und das fahren dadurch sicherer zu machen.

 

 

Simulation kritischer Fahrsituation ohne elektronische Systeme

 

Elektronische Systeme

 

Anti Blockier System (ABS, ABV)

 

4            Verhindert beim Bremsen das Blockieren der Räder und garantiert so maximale              Seitenführung und Lenkbarkeit, Basis aller Fahrdynamik- Systeme.

 

Gesetzliche Grundlagen

 

Nach §41b der StVZO müssen alle seit dem 01.01.1991 neu in den Verkehr gekommenen Fahrzeuge mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 60 km/h mit einem automatischen Blockierverhinderer ausgerüstet sein.

 

Physikalische Grundlagen

 

Wenn auf rutschiger Fahrbahn (regennasse oder verschneite Straße) plötzlich oder scharf gebremst wird, neigen die Räder zum Blockieren.

 

            4         Wenn die Hinterräder blockieren, bricht das Fahrzeugheck unken-             trollierbar seitlich aus

       4         Wenn die Vorderräder blockieren, geht die Lenkfähigkeit verloren.

 

Das ABS verhindert das Blockieren der Räder beim Bremsen. Daraus ergeben sich folgende Vorteile:

 

8         Seitenführungskräfte und Richtungsstabilität bleiben erhalten, wodurch       Schleudern vermieden wird.

 

8         Das Fahrzeug bleibt lenkbar und man kann dadurch Hindernissen ausweichen.

 

8         Bei einer Vollbremsung wird der kürzeste Bremsweg erreicht, ausgenom-   men auf Schotterstrecke.

 

8         Der Reifenabrieb bleibt gering und es entstehen keine “Bremsplatten”.

 

Regelvorgang

 

Ein ABS- Regelzyklus besteht aus drei Phasen: Druckhalten, Druckabbau und Druckaufbau.

 

Phase 1            Druckhalten:

 

Meldet ein Drehzahlfühler eine starke Radverzögerung, besteht also eine Tendenz zum Blockieren, wird der Bremsdruck dieses Rades vorerst nicht erhöht, der Druck wird also auf dem vorher erreichten Niveau gehalten.

 

Phase 2            Druckabbau:

 

Steigt die Radverzögerung dennoch weiter an, wird der Bremsdruck abgebaut und das Rad dadurch weniger gebremst.

 

Phase 3            Druckaufbau:

 

Die Drehbewegung des Rades wird durch den weniger starken Bremsdruck wieder schneller. Beim Erreichen eines bestimmten Drehzahlgrenzwertes wird der Druck wieder erhöht. Durch diesen Druckaufbau wird die Drehbewegung des Rades wieder verzögert.

 

ABS- Varianten

 

Entsprechend dem zugrunde liegenden Regelprinzip werden Antiblockiersysteme in verschiedene Gruppen eingeteilt.

 

2- Kanal- System

 

Beim 2- Kanal-System bedient ein Regelkanal die Radbremsen vorn und hinten Rechts und der zweite Regelkanal die Radbremsen vorn rechts und hinten links.

 

 

3- Kanal- System

 

Beim 3- Kanal- System werden die Vorderräder über zwei Kanäle unabhängig voneinander geregelt, während die Räder der Hinterachse gemeinsam über den dritten Kanal geregelt werden.

 

4- Kanal- System

 

Beim 4- Kanal- System werden alle vier Räder unabhängig voneinander geregelt.

 

Komponenten des ABS:                       Drehzahlsensoren

                                                            elektronischem Steuergerät

                                                            Drucksteuerventilen (Magnetventilen)

 

Der Drehzahlsensor ermittelt die Drehzahl des Rades, die im elektronischen Steuergerät in die Fahrgeschwindigkeit (Referenzgeschwindigkeit) umgerechnet wird. Aus Drehzahl und Referenzgeschwindigkeit berechnen Mikroprozessoren im Steuergerät den Schlupf jedes einzelnen Rades. Aus den Signalen Radverzögerung und Radschlupf wird dann die Blockierneigung der einzelnen Räder ermittelt; Die Drucksteuerventile werden angesteuert und regeln den Bremsdruck in den einzelnen Bremszylindern.

 

Anti- Blockier- System  ABS in Funktion

 

 

           

 

 

                        1          Betriebsbremsventil                   

 

                        2          Drucksteuerventil

 

                        3          Steuergerät                  

 

                        4          Bremszylinder              

 

                        5          Drehzahlsensor

 

 

Je nach Nfz und der Anzahl der geregelten Achsen sind 1, 2- und 3 Achs- ABS- Anlagen verfügbar. Das beste Bremsverhalten wird erreicht, wenn Zugfahrzeug und Anhänger/Auflieger über eine eigene ABS- Anlage verfügen.

 

 

Anti- Blockier- System

 

Da das Bremssystem als besonders sicherheitskritisch einzustufen ist, ist der Weg der Signalübertragung zwischen Bremspedal (Bild 3) und den Druckregelmodulen (Pos. 6,7) doppelt ausgelegt (pneumatisch und elektrisch). Man spricht auch von einem redundant ausgelegten System. Beim Ausfall der Elektronik ist ein Abbremsen des Fahrzeugs möglich- allerdings bei stark reduzierter Dosierbarkeit und geringem Bedienkomfort.

 

Am Bremspedal gibt der Fahrer die Stärke der gewünschten Abbremsung vor. Dazu steuert das Betriebsbremsventil einen Druck in entsprechender Höhe in die Anlage ein. Diesen Steuerdruck setzen die Druckreglermodule in den erforderlichen Bremsdruck für die Radbremszylinder (Pos. 5, 9) um.

 

Gleichzeitig meldet ein Drucksensor am Betriebsbremsventil (Bremswertgeber) den vom Fahrer eingesteuerten Bremsdruck an das EBS Steuergerät (Pos. C) . Entsprechend der Druckhöhe erfolgt die Ansteuerung der so genannten “intelligenten” Aktoren (Druckreglermodule). Am Steuergerät geht neben der Rückmeldung der “intelligenten” Aktoren ebenfalls das Signal der Radrehzahlfühler (Pos. 4, 8) ein. Anhand dieses Signals erkennt das Steuergerät blockierende Räder.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Elektronisches Bremssystem EBS (ohne ESP Bauteile in der grauen Fläche)

 

3          Betriebsbremsventil mit Bremspedal        4          ABS- Drehzahlsensor VA

 

5          Radbremszylinder VA                                         6          Druckregelmodul VA

 

7          Druckregelmodul HA                                          8          ABS Drehzahlsensor HA

 

9          Radbremszylinder HA                

 

A          Motorsteuergerät EDC                B          Fahrzeugführungsrechner FFR               

C          Steuergerät                                           D          Triebstrangsteuergeräte                         

E          Zentraler Bordrechner

 

 

 

Elektronisches Stabilitätsprogramm ESP (zusätzlich zum normalen EBS- Umfang

 

1          Drehwinkelsensor Lenksäule                              

 

2          Drehraten- und Querbeschleunigungssensor

 

F          Steuergerät ESP

 

 

 

 

Regelungsarten

 

Aufgrund des unterschiedlichen dynamischen Verhaltens der verschiedenen Fahrzeugtypen sind unterschiedliche Regelungsarten erforderlich.

 

Select- Low- Regelung

 

Es kommt nur ein Drucksteuerventil pro Achse zum Einsatz. Ausschlaggebend für die Ansteuerung bei U Split- Bedingungen ist immer ein das Rad mit dem niedrigen Reibwert (select-low). Da in diesem fall das Rad mit dem höheren Reibungswert unterbremst wird, ergeben sich längere Bremswege als bei der Individualregelung.

 

Individualregelung

 

Hier wird für jedes Rad der Vorderachse individuell der optimale Bremsdruck eingeregelt. Man erreicht mit diesem System die kürzesten Bremswege. Bei U- Spilt- Bedingungen (unterschiedlicher Belag für rechtes und linkes Rad, z. B. Schnee und Asphalt) entsteht jedoch ein großes Giermoment. Das Fahrzeug wird dann schwerer beherrschbar.

 

Individualregelung (modifiziert)

 

Für jedes Rad kommt ein Drucksteuerventil zum Einsatz. Der Bremsdruck-unterschied zwischen rechtem und linkem Vorderrad wird auf ein zulässiges Maß begrenzt. Es ergibt sich ein etwas längerer Bremsweg als bei der Individualregelung, das Giermoment wird jedoch reduziert und das Fahrzeug bleibt auch bei kritischen Bremsmanövern beherrschbar.

 

Kraftschluss und Schlupf

 

a          Stabiler Bereich                                     b          Instabiler Bereich

 

c          frei rollendes Rad                                               d          Blockierendes Rad

 

1          Betriebsbremsventil                                            2          Drucksteuerventil

 

3          Steuergerät                                                       4          Bremszylinder

 

5          Drehzahlsensor                                     

 

U          Kraftschluss (Haftreibungswert)               L          Bremsschlupf

 

Fahren mit ABS

 

Neigen ein oder mehrere Räder zum Blockieren, so setzt die Regelung ein. Wenn der Fahrer das Einsetzen des Regelvorganges verspürt, sollte der das Bremspedal voll durchtreten, um alle Räder in den Regelvorgang mit einzubeziehen.

 

Eine Warnleuchte leuchtet nach Einschalten des “Zündschlüssels” auf und erlischt ab einer Fahrgeschwindigkeit von 7 km/h aufwärts. Das signalisiert die Betriebsbereitschaft des Systems. Das Aufleuchten während der fahrt deutet auf eine Störung hin. Das bedeutet, dass das Bremssystem nun ohne ABS arbeitet und konventionell angebremst wird. Es sollte möglichst schnell eine autorisierte Fachwerkstatt aufgesucht werden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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