Elektronisches Stabilitätsprogramm ESP

 

Auf dem weiten weg der Entwicklung aktiver Sicherheitssystems war die Einführung des Elektronischen Stabilitätsprogramm ESP für Pkw im Jahr 1995 ein wichtiger Meilenstein.

 

Die Funktionsanforderungen an ESP für Nfz gehen weit über die von ESP an Pkw hinaus. Das oben genannte Verbesserungspotenzials an aktiver Nfz Sicherheit in einer Größenordnung von 40% haben Fahrdynamikuntersuchungen ergeben.

 

Beispiel:         

 

Bei einer Autobahnausfahrt, die ein verantwortungsvoller Fahrer mit höchstens 45 km/h nehmen würde, wurde ohne ESP als Kippgrenzgeschwindigkeit 54 km/h gemessen.

 

 

 

Beim Ausweichmanöver vor unerwartet auftauchendes Hindernis fielen die Unterschiede noch deutlicher aus. Hier hätte sich der Tanksattel ohne ESP bereits bei 44 km/h Ausgangstempo auf die Seite gelegt, während er ESP- gesichert erst bei einer um 48% höheren Geschwindigkeit (65 km/h) an diese Grenze geriet.

 

Die beiden Übungen erkannte die ESP Sensorik- genauer gesagt die “Roll- over- Prevention ROP”, ein nutzfahrzeugspezifisches ESP- Feature, über das die bekannte Pkw- Systeme nicht verfügen.

Das elektronische Stabilitätsprogramm ESP basiert auf dem elektronischen Bremssystem EBS. Es hilft dem Fahrer durch gezielte Bremseingriffe  bei der Entschärfung kritischer Fahrsituationen.

 

Zusätzlich zum normalen EBS- Bauteilumfang ist beim ESP ein zweites Steuergerät am internen CAN- Bus des Bremssystems angebunden. Dieses Steuergerät hat die Aufgabe, anhand der eingehenden Sensorsignale kritische Fahrsituationen wie Über- oder Untersteuern bzw. drohendes Umkippen zu erkennen. Daraufhin gibt es anhand einprogrammierten Kennfelder entsprechende Signale an die Druckregelmodule, welche ihrerseits die anliegenden Radbremszylinder individuell mit Luftdruck beaufschlagen und Bremseingriffe herbeiführen.

 

Dem Steuergerät ESP stehen für seine Aufgabe die Signale von zwei zusätzlichen Sensoren zur Verfügung.

 

Ein Drehwinkelsensor (1) an der Lenksäule erfasst die Lenkbewegungen des Fahrers. Der Drehraten- und Querbeschleunigungssensor (2) nimmt darüber hinaus die aus der Fahrzeugbewegung resultierende Drehgeschwindigkeit sowie die quer zur Fahrtrichtung wirkende Beschleunigung auf. 

 

Elektronisches Stabilitätsprogramm ESP

 

            1                      Drehwinkelsensor Lenksäule

 

            2                      Drehraten- und Querbeschleunigungssensor

 

            F                      Steuergerät

 

 

 

 

 

Funktionsumfang des ESP

 

Das elektronische Stabilitätsprogramm ESP umfasst die beiden Systeme DSP (dynamisches Stabilitätsprogramm) und ROP (Umkippschutz).

 

Folgende Größen werden dazu ständig gemessen und zusammen mit der momen-tanen Fahrgeschwindigkeit zur Beurteilung des Fahrzustandes herangezogen.

 

                        8         Lenkwinkel

 

                        8         Querbeschleunigung

 

                        8         Gierrate

 

Dynamisches Stabilitätsprogramm DSP

 

Das DSP sorgt hauptsächlich bei niedrigem Reibwert (z. B. Nässe oder auf Eis und Schnee) für die Stabilisierung des Fahrzeugs. Es greift grundsätzlich nur dann ein, wenn zwischen der vom Fahrer gewünschten Fahrtrichtung und der tatsächlichen Fahrzeugbewegung ein merkbarer Unterschied.

 

Differenzen zwischen den erwarteten und gemessenen Größen führen zu einem Eingriff. Bei über- oder untersteuerndem Fahrzeug sorgt das System für ausgleichende Kräfte und Drehmomente- und zwar durch gezieltes Bremsen einzelner Räder. Dies soll das Fahrzeug wieder in einen unkritischen Fahrzustand bringen. Das Fahrzeug soll so stabilisiert und wieder beherrschbar werden.

 

Ausgleichsbremsung beim Untersteuern des Zugfahrzeugs mit DSP.

 

A          Das Bremsen des kurveninneren Hinterrades erzeugt ein Moment, welches            das Fahrzeug in die Spur zwingt.

 

Bei “untersteuerndem Fahrzeug” wird das kurveninnere Hinterrad angebremst, bei “übersteuerndem” das kurvenäußere Vorderrad. Dadurch entstehen Korri-gierende Giermomente, die die Fahrzeugbewegung dem Fahrerwunsch angleicht. Im übersteuerndem fall wird zusätzlich der Anhänger zur Streckung des Zuges gebremst.

 

Bei “Untersteuern” dreht sich das Fahrzeug langsamer als es dem Lenkeinschlag und damit dem Kurvenverlauf entspricht. Das Fahrzeug “schiebt” über die stark eingeschlagenen Vorderräder in Richtung kurvenaußen (typisches Verhalten eines Fahrzeugs mit Frontantrieb).

 

Ausgleichsbremsung beim Übersteuern des Zugfahrzeugs mit DSP

 

B          Das Bremsen des kurvenäußeren Vorderrades erzeugt ein dem     Übersteuern gegen wirkendes Moment. Das zusätzliche Bremsen der            Aufliegerräder strekt den Zug.

 

 

 

Ein “übersteuerndes” Fahrzeug dreht sich schneller als gewünscht, meist hervorgerufen durch ein quer “driftendes” Heck (typisches Verhalten eines Pkw mit Heckantrieb). Diese zu langsame oder zu schnelle Fahrzeugdrehung korrigiert DSP mit gezielten, automatisch eingeleiteten Bremseingriffen an einem oder mehreren Rädern in kürzester Zeit. Dabei ist unerheblich, ob der Fahrer in diesem Moment bremst oder nicht.

 

Umkippschutz ROP

 

Das elektronische System ROP (Rollover Prevention) reduziert die Kippgefahr bei hohem Reibwert auf trockener Fahrbahn. Der Funktionsumfang des ROP setzt sich wiederum aus zwei Bausteinen zusammen.

 

            8                     Das ROP- System errechnet abhängig von der jeweiligen                          Fahrgeschwindigkeit und anderen Eingangsgrößen die zuläs-                                 sige Querbeschleunigung des Fahrzeugs. Liegt der Wert der                                 gemessenen Querbeschleunigung über dem zulässigen Wert,                               muss die Geschwindigkeit verringert werden, um das kippen                                     zu verhindern. Das erreicht durch Reduzieren des Motor-                                       drehmoments bzw. des gesamten Zuges.

 

 

            8                     Im zweiten Teil der ROP- Funktion wird aus den vorliegen-                         den Raddrehzahlen ermittelt, ob bereits ein kurveninneres                                Rad von der Straße abgehoben hat. Für das Zugfahrzeug                          wird dies im ESP- Steuergerät durchgeführt, für EBS- ausge-                           rüstete Anhänger in dessen Steuergerät.

 

Bei Anhängern ohne EBS beschränkt sich die ROP auf den im ersten teil beschriebenen Funktionsumfang.

 

 

Sicherheitssysteme für Busse

 

Der Omnibus ist nachweislich das sicherste Personenbeförderungsmittel. Trotzdem kann auch ein vorsichtiger Busfahrer in Situationen geraten, die schwer beherrschbar sind. Für diese Fälle gibt es mit der Fahrdynamikregelung FDR und dem Bremsassistent BA zwei neue Sicherheitssysteme.

 

Fahrdynamik Regelung FDR

 

Die Fahrdynamik- Regelung FDR trägt zur Reduzierung der Schleudergefahr bei Kurvenfahrten oder Ausweichmanövern. Dazu werden in kritischen Situationen die Bremskräfte an jedem einzelnen rad gezielt geregelt, beispielsweise wenn der Omnibus in Kurvenfahrten im Grenzbereich liegt.

 

Zudem wird gleichzeitig die Motorleistung zurückgenommen. Das mögliche “Ausbrechen” des Busses wird so durch das fein dosierte Abbremsen des Fahrzeugs im Rahmen der physikalischen Möglichkeiten verhindert. FDR greift in Situationen ein, die auch von geübten Fahrern nicht mehr beherrscht werden können. Die Reaktionszeit der FDR ist deutlich kürzer als die selbst eines Profis.

 

Die Schnelligkeit ist ein großer Vorteil des Systems. Die Erfassung des Eigenlenkverhaltens sowie der automatische Bremseneingriff passieren innerhalb weniger Sekundenbruchteile: Drängt das Fahrzeug zum Beispiel bei schneller Kurvenfahrt mit der Hinterachse stark nach außen, bremst die FDR das kurvenäußere Vorderrad so lange gezielt ab, bis sich die Schleuderbewegung reduziert.

 

Die Bremskraft wirkt dabei der kritischen Drehbewegung entgegen und stabilisiert somit das Fahrzeug. Gleichzeitig wird die Seitenführungskraft an der Antriebsachse durch gezielte Beeinflussung der Motorleistung erhöht.

 

 

 

Vergleichbar ist die FDR mit dem ESP, jedoch mit erweiterten Funktionen. Dazu zählt unter anderem die permanente Auswertung der in der FDR und im elektronischen EBS verfügbaren Daten, damit die Fahrstabilität des Busses innerhalb des physikalischen Grenzen sichergestellt sind.

 

Stichwort physikalische Grenzen

 

Natürlich kann auch dieses System die Physik nicht überlisten. Deshalb muss ein Omnibus mit FDR stets genauso umsichtig und vorsichtig gefahren werden wie bisher gewohnt. Das System wird jedoch dazu beitragen, Unfälle zu verhindern oder deren Folgen zu mildern. Die FDR und der BA sind ein wichtiger Schritt zu mehr Sicherheit.

 

Bremsassistent BA

 

Beim Bremsassistent BA handelt es sich um eine Zusatzfunktion, die in das elektronisch gesteuerte Bremssystem integriert ist, welche zur Einregelung des maximalen Bremsdrucks und damit zur Verkürzung des Bremsweges in Notsituation dient.

 

Wenn ein Fahrer bei einer Notbremsung das Bremspedal nur anfangs sehr schnell betätigt, das Bremspedal aber anschließend nur zögerlich durchtritt, geht wertvoller Bremsweg verloren. Dieser verloren gegangene Bremsweg kann im Laufe der Bremsung nicht mehr eingeholt werden, vielleicht fehlen am Ende des Bremsweges genau jene 5m, die dadurch anfangs verschenkt worden sind.

 

Genau dieser Verlust des Bremsweges ist durch den BA vermeidbar.

Der Bremsassistent erkennt eine Notbremsung an der Geschwindigkeit, mit der das Bremspedal im ersten Drittel des Pedalweges betätigt wird. Unmittelbar in diesem Moment steuert der BA den vollen Bremsdruck ein und hält diesen bis zum Stillstand des Fahrzeugs.

 

Wird das Bremspedal durch den Fahrer allerdings wieder gelöst oder nicht mehr weiter als 1/3 betätigt, vermindert der BA den Bremsdruck, den der Fahrer für richtig hält.

 

Der Bremsassistent führt zu einer Reduzierung des Bremsweges von bis zu 10%. Bei einer Bremsung aus 100 km/h kann sich der Bremsweg somit um bis zu einer halben Buslänge verringern.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Zurück